VU Künstlerische Gestaltung
PRINTED MATTER
Mit der voranschreitenden Digitalisierung verändert sich unser Verhältnis zur Welt. Eine neue Form der Weltliteratur ist entstanden, die nicht eine kanonische und weltweit gelesene Büchersammlung meint, sondern Produkte aller Art umfasst, die digital entworfen, geschrieben/gescriptet und hergestellt werden. Der 3D-Druck ist für diesen kulturellen Wandel symptomatisch, indem er als universelle Schreibmaschine zur Hervorbringung materieller Dinge und gegenständlicher Welten fungiert. War für die Moderne Walter Benjamins These der technischen Reproduzierbarkeit von Bildern, Kunstwerken und Waren prägend, ist es im „Hier und Jetzt“ ihre digitale Individualisierbarkeit. Die digitale Schreibmaschine des 21. Jahrhunderts, sprich 3D-Drucker, transformiert die ökonomischen und sozialen Produktionsbedingungen und fordert uns zunehmend auf einer ökologischen Ebene: Verstärken und beschleunigen disruptive Technologien und Innovationen den Verbrauch von Ressourcen oder beginnen wir Möglichkeiten in die Praxis umzusetzen, die lineares Wachstum und die massenhafte Produktion von Konsumgütern in biologische Kreisläufe überführen?
Biosphäre, Ökologie und der beginnende Wandel von der Petro- zur Biochemie verlangen neue Formen und Materialien. Die Zeit der Tupperware-Partys ist vorbei und die Suche nach neuen Materialsprachen hat begonnen.
Die Lehrveranstaltung diskutiert und erprobt Verfahren des 3D-Drucks im Kontext von Kunst und Objektkultur, um ausgewählte Prototypen und Werke zu fertigen. Dabei werden erstmals neue abbaubare Biopolymere für künstlerische und ästhetische Experimente zwischen Naturästhetik und Science-Fiction ihre Anwendung finden.
Bildcredit: Thomas Feuerstein, SCULPTOR, 2020